Ehrenamtliche Hilfe Heidelberg  -  Volunteering Heidelberg
Interessantes aus "Die Ecke"  

 

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Blick von Baiertal nach Gauangelloch (rechts), Ochsenbach, Schatthausen und Maisbach (links) am 29.7.2002

Die hier wiedergegeben Artikel entstammen der Rubrik "Die Ecke" der Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ).
Vielen Dank an die RNZ für die Erlaubnis, diese hier wiedergeben zu dürfen.

© www.rnz.de, rnz-kontakt@t-online.de

Die 365 besten Ecken (bis Herbst 2002) in Buchform:
Manfred Fritz, Klaus Welzel: Die Ecke,  Verkaufspreis: 12,80 Euro
In den RNZ-Geschäftsstellen und bei Schmich Druck@Medien GmbH, Gutenbergstraße 1, 69221 Dossenheim ab 11/2002 erhältlich

 

Viagra für alle
Hintergrund: Staat finanziert Persönlichkeitsrechte

Kein normaler Mensch käme auf die Idee, zur Befriedigung seines Mobilitätsbedürfnisses bei der AOK einen Lamborghini anzufordern. Insofern haben Sozialhilfeempfänger wie "Viagra-Kalle" schlechte Karten mit ihren gehobenen Ansprüchen an die Solidargemeinschaft. Bei ihnen ist vielmehr zu befürchten, dass nach Einnahme der pharmazeutischen Stehhilfe so gut wie kein Blut mehr das eigentliche Denkzentrum erreicht. Sonst müssten sie auf ihrem Weg durch die Instanzen mal auf die Idee kommen, dass es zwar ein Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gibt. Dieses aber an die persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten gebunden ist. Viagra für Kalle? Dann aber für alle. Dafür erhöhen wir Merkels Kopfpauschale um einen Verkehrszuschlag, dessen Höhe der beleidigte Seehofer bestimmen darf.
RNZ vom 17.11.2004, www.rnz.de

 

Wir sind das Volk
Hintergrund: Die SPD will den 3.Oktober abschaffen

Und es funktioniert doch - noch: Wir sind das Volk! Diese historisch wertvolle Lektion der 89er-Revolution haben die regierenden 68er nie begriffen. Sonst hätten sie die Axt nicht ausgerechnet an den deutschen Wirsinddasvolksfeiertag gelegt. Nicht an den. Und wenn sie zudem in ihrer grenzenlosen Schlauheit glaubten, sie könnten die ruchlose Tat nachrichtentechnisch im frischen Jubel von George W. Bush und dem zähen Ableben Arafats untergehen lassen, dann haben sie sich geschnitten. Wir sind das Volk. Aber doch nicht blöd: Der 3. Oktober bleibt. Zwar möchten wir niemandem Angst machen, der sich einsichtig zeigt. Doch jener Schlüsselsatz der deutschen Wende, der uns den Feiertag beschert hat, kennt noch eine höchst interessante Original-Variation: Das Volk sind wir, gehen sollt Ihr!
RNZ vom 6.11.2004

 

Volkswahl
Hintergrund: NPD und PDS-Gewinne in Ex-DDR, Hartz4-Montagsdemos

Unter den vielen Vorschlägen, wie man die politische Unbotmäßigkeit der Ossis wieder in den Griff bekommen könnte (Staatsbürgerkunde, Verbot der Super-Illu, flächendeckender Arbeitsdienst) ist einer noch nicht aufgetaucht: Frei nach Genosse Brecht wäre es nun an der Zeit, dass sich die Politiker, die mit ihrem Volk unzufrieden sind, ein anderes Volk wählen. Angelehnt an einen aktuellen Kampfbegriff könnte das heißen: Sachsen raus! Dafür fünf Millionen Süditaliener rein. Man könnte auch Polen, Albaner oder Mozambiker bitten. Sie wären mit der 350-Euro-Basisstütze glücklich, und dichdch (tüchtig) wären die auch, falls es mal Arbeit geben sollte. Apropos: Was die verbale Verständigung betrifft - zum realsächsischen Ist-Zustand kein Unterschied. Und schon sind wir ferdsch mit dem Problem.
RNZ vom 22.9.2004

 

Nach-Ruf
Hintergrund: Vermeintlich "faule" Lehrer

Die meisten Lehrer befinden sich im Urlaub. Aber es wäre ein Jammer, wenn die gute Nachricht für den von Lob nicht verwöhnten Berufsstand ins Leere ginge: Denn dass Lehrer in der Hitliste der Berufe neben den Ärzten das höchste Vertrauen genießen, ist einen Nach-Ruf wert: Bravo! Schon schwerer verstehen kann man, warum es dann so viele Lehrer zum freien Fall von 81 auf 6 Prozent Zuneigung drängt - indem sie Politiker werden, getreu dem Grafen Lambsdorff: "Der Bundestag ist mal voller und mal leerer, aber immer voller Lehrer." Sollten sie auf diese Weise der Politik zu mehr Ansehen verhelfen wollen, es wäre ehrenwert. Aber sinnlos. Der Abstieg könnte indes weniger heftig und lukrativer ausfallen, wenn sie es als Manager versuchten - 18 Prozent. Da ist noch etwas Luft zwischen sich und der Talsohle.
www.rnz.de vom 12.8.2004

 

Begegnung
Hintergrund: Folterfotos der US-Army im Irak veröffentlicht

Wir haben gestern in Heidelberg einen Amerikaner gesehen. In Uniform. An sich etwas total Normales. Aber der erste Gedanke war nicht: Gefällt ihm unsere Stadt? Sondern: Könnte man sich diesen Mann als Aufseher in unserem berühmten Gefängnis Abu Pelz vorstellen?
Sorry, aber die Gedanken sind frei.
Sie machen, so ganz ohne Folter, einfach was sie wollen. Unser GI, ein sympathischer Kerl, der nicht aussah, als könne er einer Fliege nur ein Flügelchen ausreißen, war völlig harmlos. Dafür legen wir die Hand ins Feuer. Hätten wir bei den anderen, die uns jetzt von den Fotos mit den kunstvoll aufgeschichteten Gefangenen angrinsen, auch getan, wenn sie in Heidelberg an uns vorbeigeschlendert wären. Bedenkenlos. Wäre wohl ein Fall für die Ludwigshafener Spezialklinik für Brandverletzungen geworden.
www.rnz.de vom 11.5.2004
 

In Begleitung
Hintergrund: In Niedersachsen ist Pkw-Fahren ab 17 in Begleitung Erwachsener erlaubt

Eltern sollten ihre Kinder an die Herausforderungen des Lebens heranführen. Das begleitete Fahren ab 17 ist da ein guter Anfang. Und auch das Schusswaffengesetz bedarf keiner Änderung. Begleitetes Schießen ab 12 genügt voll-auf, sonst heben sich die Kleinen an den Ballermännern noch einen Bruch. Doch auch andere Erfahrungen könnte der Nachwuchs unter Aufsicht von Mama oder Papa machen. Begleitetes Trinken und Rauchen ab 14 etwa wäre eine gute Schule für spätere Discoabende. Und wenn der Sohnemann dann betrunken nach Hause kommt, kann der Vater stolz erklären: "Das hat er von mir gelernt!" Eher störend würde sich die elterliche Begleitung dagegen auf die ersten Kontakte mit dem anderen Geschlecht auswirken. Hier bleibt die theoretische Vorbereitung das Maß aller Dinge.
www.rnz.de vom 21.4.2004

 

Ganz schwarz
Hintergrund: Schwarzarbeit soll kontrolliert, registriert und abkassiert werden

Der Staat, der seinen Dienern ein Auskommen sichern, Eurofighter kaufen oder Maut-Brücken als Denkmäler des Fortschritts aufstellen muss, kann sich das nicht mehr leisten. Dass wir, Bürger und vor allem Bürgerinnen, heimlich, im Schutz der Privatwohnung arbeiten & arbeiten lassen, ohne was abzuführen. Schämen wir uns. Aber das reicht nicht. Daher kann man den rot-grünen Arbeitswächtern nur beipflichten: Schwarzarbeiter ins Loch! Zum Beispiel Millionen Hausfrauen und Hausmänner, die keinen Cent von ihrer Wertschöpfung abführen. Ganz schwarz sehen wir für die schwäbische Kehrwoche. Und was fehlt, damit das System funktioniert, ist das schwarze Telefon, mit dem jeder beobachtete Fall von Schwarzarbeit anonym bei Eichels schwarzen Sheriffs gemeldet werden kann. Kommt bestimmt bald.
www.rnz.de  vom 14.1.2004

 

Die tun was
Hintergrund: Florian Gerster hat einen PS-Millionenauftrag vergeben

Ob sich die Menschen in 100 Jahren noch erinnern werden, dass ein gewisser Florian G. in seiner Blitz-Amtszeit die Bundesanstalt für Arbeit in Bundesagentur für Arbeit umbenannt hat? Klar, man wollte nicht mit der Blindenanstalt oder der Irrenanstalt im gleichen Atemzug gedacht werden. Obwohl: Die "Anstalt" kommt von anstellen, einstellen, auch aufschieben. Bis auf "einstellen" passt das alles zum Nürnberger Anstaltsprofil. Man macht Anstalten, man trifft Anstalten. Demnächst trifft man eben nur noch Agenturen. Oder Agencys, sprich: Eitschensies. Was sagen will: Die tun was. Agentur kommt vom lat. agere: tun, treiben, bewegen. Siehe auch: Mens agitat molem. Der Geist bewegt die (Arbeitslosen-)Massen. Denkste. Im Moment bewegt er nur Beratungsmillionen. Und Zigtausend neue Türschilder.
www.rnz.de  vom 4.12.2003

 

Bohlen for President
Hintergrund: Bohlen hat sich auf den Presseball eingeschlichen und den anderen die Schau gestohlen

Dass Dieter Bohlen einen Bundespräsidenten (Rau) vom Bundestagspräsidenten (Thierse) unterscheiden könnte - nein dafür wird der Werbeträger weder vom Springer-Konzern ("Bild") noch vom Steuerflüchtling Müller (Milch) bezahlt. Insofern ist es schon putzig, wie sich das singende Nordlicht beim Bundespresseball bemühte, für Thomas Gottschalk und dessen Rede am Nikolaustag vor dem Bundestag Stimmung zu machen. Wir vermuten mal, dass Bohlen sein Küken Kübelböck als Saaldiener andiente. Gesponsert werden könnte die Gottschalk-Rede von Boris Becker, der ja dringend Werbung für seine Ladenhüter "Augenblick, verweile doch ..." brauchen könnte. Und Bohlen bindet sich einen Bart um, und spielt den Nikolaus. Oder: Vielleicht doch lieber den Thierse. Damit die Form gewahrt bleibt.
RNZ vom 18.11.2003

Tor, Tor, Tor, Tor - Hemlut ran am 15.8.2003 gestorben
Von, besser gesagt, über Helmut "Boss" Rahn sind vor allem vier Worte bekannt: "Tor, Tor, Tor, Tor". Und die fielen am Abend des 4. Juli 1954 in der Schweiz als der "Held von Bern" das 3:2 gegen Ungarn schoss. Als Rundfunkübertragung gingen die vier Worte zwar nicht um die Welt, aber ins benachbarte Deutschland und machten aus dem Weltkriegsverlierer eine Fußball-Nation. Das ist lange her und ob der aktuellen Fußballeskapaden vom "Kaiser-"Baby bis zu "Effes" Tagebüchern hatte man vergessen, dass es auch einmal sympathische Helden gab. Dass es eine Zeit gab, als der Ball wirklich rund und die Gagen deutlich diesseits der Millionengrenze angesiedelt waren. Und als ein Spielausgang noch die Kraft dazu hatte als "Wunder von Bern" in die deutsche Geschichte einzugehen. Danke, "Boss"
15.8.2003, www.rnz.de

 

Chez Dr. Schmitt - Gesundheitssystemreformgespräche mit Ulla Schmidt/SPD und Seehofer/CDU
Wieder zu kurz gedacht: Zehn Euro für einen Stehplatz in der überfüllten Arztpraxis. Das soll Kosten senken? Das lässt nur den Blutdruck steigen. Wir wünschen uns die Reform-Praxis als Wohlfühl-Center mit Erlebnis-Gastronomie und Event-Charakter: Empfang durch die Fach-Hostess, die in die Lounge, aber doch nicht ins Wartezimmer( !!) bittet. Mit dem vollen Verwöhn-Klima: von Kaffee über Bier vom Fass bis zur Friedman-Prise. Bei 150% Selbstbeteiligung, klar. Nach der Urin- und Blutprobe wird Brunch serviert. Man kam ja nüchtern. Die postdiagnostische Leichenblässe beseitigt eine Turbo-Sonnenbank. Und was sollen diese lächerlichen Arztschildchen 30 x 40 vor der Tür. Mehr Marketing: Chez Dr. Schmitt - Dr. Müllers Pharma-Bar, Dr. Maiers Health-Center - in Pink. Neon, wandhoch und leuchtend.
26.7.2003

 

Postromantik - seit 3 Wochen um die 30 Grad warmes Wetter
Heidelberg ist, oder war, die Stadt des galanten Vorspiels. Das machte sie als Kapitale der Romantik so berühmt. Was immer dazu beigetragen haben mag, die Kneipen mit der großzügigen Außenbestuhlung oder die Großherzigkeit der Zimmerwirtinnen, früher schlug sich das als kühne Poesie oder voreheliche Geburtenrate nieder. Jeder Verheiratete weiß natürlich, dass die Wirklichkeit dem ersten romantischen Anschein nicht immer standhält. Aber das den Frühverliebten zu vermitteln ist unmöglich. War noch nie erfolgversprechend. Der Befund, dass Jugendliche heute schnell zur Sache kommen, folgt dem Satz: Gelegenheit macht Liebe. Gelegentlich auch Aids. Dieser postmoderne Nonkondomismus ist eng verwandt mit dem russischen Roulette. Daran sei in diesen lauen Tagen mal wieder erinnert.
30.6.2003

Modell Ost - Zum Streik in den Neuen Ländern
Das waren noch Zeiten, als in der DDR der LPG-Melker des Tages ans schwarze Brett gehängt oder die Verkäuferin der Woche plakatiert wurde. Wir im Westen hatten jenes System nie so richtig verstanden, in dem es die meisten Helden der Arbeit, null Arbeitslosigkeit und die wenigste real existierende Arbeit gab.
Nach über zehn Jahren ergebnislosen Bemühens, den Kapitalismus dort zu etablieren, sollte deshalb der Versuch unterstützt werden, die alten Verhältnisse wiederherzustellen. Irgendwann, Menschenskind, muss es doch mal klappen mit dem Arbeiter- und Bauernparadies.

Dieses historische Experiment sollte uns auch die Verstetigung des Soli bis zum Jahr 2090 wert sein. Und die Arbeit, die drüben wegfällt, können wir im Westen selbst gut gebrauchen. Das bleibt aber unter uns. Weiter so, Genossen!
Die Ecke, www.rnz.de vom 26.6.2003

 

Gartenglück - Seit 4 Wochen sonniges Wetter, Iraq-Krieg zu Ende
Warum der Garten und nicht der Fußballplatz als Ort des vollkommenen Glücks gilt, erschließt sich nur dem, der so ein Ministück Eden bewirtschaftet. Denn ein Garten als Modell natürlicher Möglichkeiten und Risiken lehrt uns eine eher rare Tugend: Demut - aus der Glück erwächst. Heute noch Sonne, morgen schon Klein-Antarktis. Mal zu nass, mal zu trocken. Oder Schnecken und Mäuse fallen ein wie die Amis in Bagdad. Der lat. "hortus", dem die soeben erfrorene Hortensie den Namen verdankt, beschreibt die Spannweite des Begriffs: Hof, Hort und - Zaun. Ergo: Nur was sich einzäunen lässt, ist Garten. Nur dort vollzieht sich, was der schöne Satz beschreibt: Indem sich die Rose schmückt, schmückt sie den Garten. Und damit natürlich auch den Gärtner. Der Nachbar hinterm Jägerzaun sieht nämlich alles.
RNZ vom 17.4.2003

 

Gesucht - Sparkurs aufgrund Steuermindereinnahmen in Milliardenhöhe
Alle Kleinrentner, die gerade einen Wintermantel bei der Rot-Kreuz-Kleidersammlung beantragt haben, mal wegsehen: Führungskräfte gesucht; Voraussetzungen: keine besonderen. Kenntnisse der deutschen Sprache i. W. u. Schr. erwünscht. Geboten werden leistungsunabhängige Vergütung n. AbgDiäG/0815 mit jährl. Anpassung, Dienstwagen, Spesen, freie Beförderung zu Wasser, zu Lande und in der Luft - incl. Bonusmeilen. Attraktive Aufstiegsmöglichkeiten zum Minister, Staatssekretär. Umfassende Alterssicherung, Modell Self-Service, d. h.: Vollrente mit 55 nach Kurzanwartschaft von drei Jahren; dynamische Steigerung gesetzlich gesichert. - Ein solches Stellenangebot liest man natürlich nirgends. Weil es immer genügend Bewerber gibt. Sagte da jemand was von Politikverdrossenheit? Aber nicht bei den Politikern!
RNZ vom 17.11.2002

 

Zur Strafe - Bush und Schröder mögen sich nicht
Niemand sollte meinen, dass in der großen Politik kleine Schwächen keine Rolle spielten. Wenn der beleidigte George Doppel-V Bush unseren Kanzler nicht sehen will, während er reihenweise Potentaten aus Zwergstaaten empfängt, dann ist das so ein Fall. Nun kann man sich fragen, was die beiden vorher Intimes austauschten - ohne Dolmetscher. Denn von Schröder sind Kenntnisse in Englisch genauso wenig überliefert wie von Bush solche in Deutsch. Von H. Kohl weiß man immerhin, dass er Bush - und zwar dem Vater- astrein das Du angetragen hat: You can say you to me. Duzfreunde sind George jr. und Gerd längst. Was könnten sie sich, falls sie sich je treffen, noch zuraunen, damit jeder jeden versteht? Fuck you, zum Beispiel. In Texas, wo Bush herkommt, eine gängige Sympathiebekundung.
5.11.2002

 

Gib dem Kaiser - Boris Becker erhält "nur" Bewährungsstrafe wegen Steuerhinterziehung
Von den 70 000 steuerrechtlichen Vorschriften, mit denen dieser Staat die Bereitschaft seiner Bürger zum Teilen fördert, will Hans Eichel jetzt 20 000 abbauen. Hat er gesagt. Gemessen an der biblischen Grundvorschrift in Steuersachen: "Gib dem Kaiser, was des Kaisers ist", sind es immer noch 49 999 mehr. Und 49000 zu viel. Das hat die Richterin wohl auch dem Schein-Monegassen Boris zugute gehalten. Außerdem war der Angeklagte bestens beraten, nach dem anderen Bibelwort vorzugehen: Im Steuerhimmel ist mehr Freude über einen reuigen Sünder, als über Millionen Selbst-gerechte, die zu ihrem abzugsfähigen häuslichen Arbeitszimmer regelmäßig die Besenkammer dazurechnen. Apropos Besenkammer - nein, lassen wir das. Hauptsache frei. Der Unterschied zu lediglich steuerfrei ist beträchtlich.
25.10.2002

 

Virologisch - Neuer Computervirus unterwegs
Der Herbst ist Seuchenzeit. Leider fruchten die Ermahnungen, rechtzeitig anti-viral tätig zu werden, wenig. Denn selber geht man ja von der statistischen Unwahrscheinlichkeit aus. Danach trifft es maximal jeden Zehnten. So viel Gottvertrauen ist bewundernswert. Ein Missverständnis gilt es aber vorab zu klären: Alles Hausmittel nützen im Fall eines Falles nichts: feuchte kalte Umschläge - lebensgefährlich! Heiße Kartoffelsäckchen - absolut sinnlos. Frisch gepresste Zitrone - bloß nicht. Viel frische Luft - ohne jede Wirkung. Wenn so ein Virus nämlich mal via Internet oder E-Mail die Festplatte des PC angefallen hat, hilft nur noch ein entschlossener Neuanfang mit erheblichem digitalem Gedächtnisverlust. Übrigens, der neueste hört auf den Namen
"BugBear". Aber das nützt auch nichts, wenn man ihn schon hat.
14.10.2002
 

Venedig hat Zukunft - Regenwetter im August
Die Menschen brauchen gerade für schwierige Phänomene einfache Erklärungen. Zum Beispiel: Die Klima-Expertisen, die den Wetteruntergang prophezeien, bleiben wirkungslos. Zu kompliziert. Dabei wäre es so einfach: Die Klimasensiblen sind bei uns eigentlich die Frauen. Denn sie blicken, aus Sorge um die Brut, als Einzige über den feuchten Kellerrand. Der Mann hingegen, vom Sammler über den Jäger zum Techniker mutiert, kauft die Autos. Je stärker, je lieber. CO2-Vermeidung? Wegen dem bisschen! Die Katastrophe nimmt ihren Lauf. Was ist zu tun? Entweder wir ziehen alle nach Venedig, der Stadt der Zukunft. Ohne Auto. Oder der Spieltrieb der Männer wird auf den Bootsbau gelenkt. Bei Noah haben auch alle gelacht, als er im Vorgarten die Arche baute. Bis ihnen das Wasser im Mund stand..
RNZ vom 10.8.

 

Unser Tägliches - Brotverbrauch in Deutschland gestiegen
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, nach einer Weile braucht er auch einen Drink. Stammt von Woody Allen. Aber der lebt in der Brotwüste Amerika. Für uns hat sich hingegen die Bitte aus dem Vaterunser reichlich erfüllt: Unser tägliches Brot besteht aus 4 Scheiben und 1 Brötchen - 85,3 Kilo pro Jahr. Der Brotkorb hängt, verglichen mit den europäischen Mitessern, ganz unten. Und er enthält 300 Sorten - fast so viele, wie es in Frankreich Käse gibt. Apropos: Man isst nicht Brot zu Käse, sondern Käse zu Brot, sagt unser Sprichwort und markiert so die Grenze zwischen der Brotzone und dem Käsereich. Einer von dort soll das vorletzte Wort haben: Ein Dessert ohne Käse ist wie eine schöne Frau, der ein Auge fehlt (Savarin). So kann nur ein Franzose sehen. Es lebe der Käse! Auch jener, der den Mund verlässt.
RNZ vom 7.8.2002

 

Viel heiß - Wahlkampf im Juli
Überall ein wenig tote Hose. Aber nicht für Franz Müntefering. Der haut den Nachbrenner rein: heißer Wahlkampf mit Frühzündung. Als Erstes müssen die hässlichen Zahlen weg. Die werden abgefackelt - verbrannte demoskopische Erde. Das gibt die richtige Oberhitze. Denn die Charts erinnern an die Stimmung im Börsensaal. Und wo das endet, hat man bei Ron Sommer gesehen. Langsam wird auch Stoiber unheimlich: Der geht wie Blücher an den Wähler, bis zur Körperverletzung - an der Torwand. Und spielt den Schaffner ausgerechnet auf der Harzbahn! Ein Abstoiber ist das. Doch jetzt gibt's Zunder. Und den hottesten Schröder, den wir je sahen. Man kann nur hoffen, dass die Heißluftbrücke, über die er zum verstörten Wähler gehen soll, nicht unter Hagel und Schauern gleich wieder zusammenbricht.
RNZ vom 31.7.2002

 

Der Zugriff - SSV
Die klügste aller Ehefrauen war natürlich schon beim Sommerschlussverkauf. Aber was heißt da Verkauf. Nachgeworfen habe man ihr die Sachen. Drei Tüten voll. Kurz, sie habe gar nicht anders gekonnt. Ein Fall von Nötigung. Mindestens von Verführung Erwachsener mit erheblicher Kauffolge. Aber schon mal was vom
subtraktiven Euro-Doppler-Effekt gehört? Die Hälfte von der Hälfte = ein Schnäppchen. In Mark umgerechnet ist es dann wieder keines mehr. Doch wer will das hören. Als Mann steht man ohnehin so deplatziert am Wühltisch wie ein Fahrrad in der Boxengasse vom Hockenheimring. Wird herumgeschoben. Und ab und zu fingert jemand, der die Gebräuche nicht kennt, im Bereich des längst verschwitzten Hemdkragens nach einem Preisschild. Sehn wir aus wie ein Sonderangebot? Nix wie raus hier.
RNZ vom 31.7.2002

 

 

Kopfweh - Schuhmacher siegt am Hockenheimring
Na endlich. Jetzt haben wir dem Schumi schon den Hockenheim-Parcours so umgebaut, dass auch er mal darauf siegt - und schon spricht der rote Raser vom "Schönsten, was Gott einem geben kann". Obwohl sich nach diesem Lob die Nürburgringer natürlich eindosen lassen können, fielen uns da noch ein paar andere Sachen ein, die uns Gott gewähren könnte: z. B. prominente Sportler, die ihre Steuern in Deutschland zahlen. Nun denn - schön war's auch so. Leider konnten ja nicht alle in Rot gewandeten "Ferraristi" aufgrund des hohen Alkoholkonsums den Sieg bewusst mitfeiern. Aber die paar, die den "Einlauf" in die Zielgerade nüchtern erlebten, waren begeistert (zumeist handelt es sich hier um berufsbedingt Anwesende wie Sportjournalisten). Den anderen brummt wohl heute noch der Kopf.
RNZ vom 29.7.2002

  

Zeit-Raffer - ICE-Strecke Köln-Frankfurt eingeweiht
Wie viel Zeit kann man für sechs Milliarden Euro kaufen? 59 Minuten. Das heißt, 12 Euro High-Speed-Zuschlag kommen auf der neuen Strecke zwischen Köln und Mainhattan zum Ticket noch dazu. Macht 51 Euro. Für stolze 76 statt 135 Minuten. Eindrucksvoll, nicht wahr? Und schnell: 300 km/h. Damit kann die Bahn sogar der Formel 1 Paroli bieten, nicht nur dem Flieger. Ihre Güterzüge dürfen dafür fast allein auf der malerischen Rheintalstrecke fahren: Benzintank meets Loreley. Darüber sollte Walser mal was machen: Tod eines Klassikers. Von Einstein wissen wir, dass sogar die Uhren langsamer gehen, je schneller man sich im Raum bewegt. Das freut den modernen Zeit-Raffer. Und was macht er mit seinem Zeitguthaben? Verzinsen tut ihm das ja keiner. Er muss es schon selber totschlagen. Genial.
RNZ vom 27.7.2002

Wir Schweine? - Futtermittelskandal
Das Schwein ist mit dem Menschen nicht nur biologisch eng verwandt. Umgangssprachlich wird manchmal auch der sichtbare Unterschied wegdefiniert. Etwa im Liedgut: "Männer sind Schweine!" Vielleicht hat jener Futter- und Zuckersiruphersteller in Belgien häufiger in den Spiegel geschaut, als uns gut tut. Mit der Folge, dass Mensch und Schwein gemeinsam hormonell zwangsernährt werden. Was nebenwirksam leider den Sexualtrieb flachlegt. Beim Schwein wirkt es sich so aus, dass sein Schnitzel als Wasserdampf aus der Pfanne flüchtet. Für die Pharmafia eine tolle Sache. Wenn wir Menschen dank Turbo-Schnitzel und Entspannungs-Brause quasi das Schlachtgewicht überschreiten, boomt immerhin die Fitness-Industrie - und das Geschäft mit Viagra. Ökonomisch ein perfekter Schweine-Zyklus
RNZ vom 11.7.2002

  

Bestandskeulung - Schweinepest
Zu unserem Glück haben Tiere keine, oder nur eingeschränkte Verantwortung gegenüber uns Menschen. Sonst würden sich derzeit Szenen abspielen, die wir nicht einmal albträumen möchten. In der Familie X ist nämlich ein Verdachtsfall aufgetreten. Die Anzeichen bei der Oma sind eindeutig: triefende Nase, Schwerhörigkeit, schleppender Gang. Symptome, die alarmieren. Die sofortige Keulung und Verbrennung des gesamten Bestandes, einschließlich aller Kontaktpersonen im Mehrfamilienhaus gar keine Frage. Denn jede Gefahr einer weiteren Ansteckung muss ums Verrecken verhindert werden. Die Speichelproben werden post mortem ins Referenzlabor nach Tübingen geschickt. Auch wenn sich der Verdacht später als harmlose Pollenallergie herausstellen sollte, beim modernen Seuchenexorzismus kennen wir keine Halbheiten.
 

König Kunde - Rabattgesetz
Was hat das neue Rabattgesetz, das gestern im Bundestag verhandelt wurde, mit den bonbonfarbenen Hüten von Queen Elizabeth zu tun? Auf den ersten Blick nichts. Aber halten Sie es für wahrscheinlich, dass Elizabeth, wenn sie ihre unmöglichen Kopfdeckel kauft, mit der Schneiderin um ein paar Pence feilscht? Sehen Sie, hier entpuppt sich die Floskel vom Kunden, der ein "König" sei, als Worthülse. Mit dem neuen Bazargesetz, das dem Urmenschlichen Trachten folgt, mehr zu nehmen als zu geben, lässt dieser Euphemismus vollends seine Hosen herunter. Damit werden Kunden nicht in den Königsstand erhoben, sondern in eine Schublade mit Freibeutern, Erpressern oder gierigen Schnäppchenjägern gesteckt. Nicht mit uns. Übrigens: Nur die Kunden können Könige sein, die sich wie Könige benehmen (Erhard Blanck). Siehe oben.

  

Frauen
Frauen wird es immer ein Rätsel sein, weshalb sich ausgerechnet ihr Mann im Supermarkt in die längste Schlange einreiht. Dass Männer ausschließlich in der Lage sind, Rasierschaum, Batterien und 20 Mozzarella im Sonderangebot zu kaufen, steht auf einem ganz anderen Blatt und keinesfalls auf dem vom Weibe geschriebenen Einkaufszettel. Versteht sich, dass ein Mann ohne selbigen überhaupt nicht in der Lage ist, ein Lebensmittelgeschäft zu betreten, geschweige denn dort Sinnvolles zu erledigen. Bietet der Gatte also seine Einkaufsdienste beim morgendlichen Frühstück freiwillig an, wird ihm entweder ein Flirt mit der Kassiererin oder die Absicht unterstellt, sich vor der Hausarbeit drücken zu wollen. Kurzum: Männer sind arm dran, sobald sie in weibliche Domänen eindringen. Mädels, so wird das nie was mit der Emanzipation.
RNZ

  

Cool
Rausch ist "cool". Die Hasch-Tüte zu Hause, das Bier in der Kneipe, die Pille in der Disco. Spätestens seit Filmhits wie "Trainspotting" wissen die "Kids": Drogen machen kaputt. Einerseits. Andererseits sind die Leute; die sie nehmen, ziemlich "hip". Für Ältere seltsam: Nach der Logik der Spaßgesellschaft stimmt das sogar. Heroin zum Beispiel ist "out", Abhängige gelten als Verlierer. Selbst die Zahl der Drogentoten ist ja vor allem gestiegen, weil viele Aussiedler dabei sind, die ihren Platz in der Gesellschaft nicht gefunden haben. Ganz anders die Partyjugend: Sie weiß, wo sie hingehen kann. Sie hat auch das Geld, es ihren Idolen nachzumachen.
Verantwortung ist "uncool". Für viele Jugendliche. Schwieriger könnte die Lage nach dem Drogenbericht kaum sein. Spaßgesellschaft die Drogenbeauftragte weiß, wo der Schuh drückt. Aber was tun? Verbote? Deren Abschreckung, siehe Cannabis, ist begrenzt. Mit der libertären Politik von Rot-Grün würde sich das ohnehin beißen. Mehr Aufklärung? Ja! Leider aber wird die oft belächelt. Denn bei aller Unsicherheit eines gilt für Altere und Politiker: Der erhobene Zeigefinger über die böse Spaßkultur nützt nichts. Wird zu viel gejammert, wollen viele einfach noch mehr "Spaß".
Alle wollen "cool" sein. Gestylte Politiker in TV-Shows, Jugendtrends in der Werbung, Unterhaltung in den Medien ganz oben. Es ist so: Wir alle leben die Spaßgesellschaft vor. Und tragen doch die Verantwortung für unsere Kinder.
RNZ

  

eMail-Müll
Wahrscheinlich haben die meisten noch nie von Ray Tomlin gehört. Der Amerikaner hat vor 30 Jahren das @ erfunden, sprich: ät. Und damit die E-Mail. Das ist kein Klacks. In diesem Jahr werden an die fünf Billionen E-Briefe ihre Empfänger suchen. Wobei man "Brief" großzügig auslegen sollte. Denn die Grenzen zwischen E-Mail und E-Müll sind fließend. Dagegen hilft nur konsequente Mülltrennung. Was nicht graue und gelbe Eimer, sondern so genannte Software-Filter erledigen, die ungebetene Mails ungelesen ins digitale Nirwana schicken. Sie konkurrieren allerdings mit unserer altmodischen Brain-ware: der Neugier. Der Computer löst diesbezüglich die Probleme, die man ohne ihn nicht gehabt hätte. Machen wir uns also an den digitalen Müllberg. Könnte ja was Wichtiges dabei sein ...
RNZ

  

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